Die Pflege ist kein Hilfspersonal!

Die Pflege wird teilweise in der Gesellschaft, aber auch in manchen Fällen von anderen Berufsgruppen, wie MedizinerInnen, als ärztliches Hilfspersonal gesehen. Vor allem in der täglichen Praxis variiert wie gut die Zusammenarbeit zwischen Pflege und z.B.: Medizin und die Wertschätzung gegenüber dem Pflegepersonal ist. Innerhalb der Gesellschaft ist die Medizin sehr hoch angesehen, während die Pflege noch als unattraktiver Beruf gilt.

„Hilfsdienste für den Arzt“

Gerade das lässt sich gut aus der Geschichte der Pflege ableiten. Sehr kurz und grob zusammengefasst:


Im 19. Jahrhundert gab es weltliches Wartpersonal, eine frühe Form des Krankenpflegepersonals. Für sie gab es keine geregelte Ausbildung. Sie waren ungebildet und kamen aus niedrigen sozialen Schichten. Allmählich wurde die Krankenpflege als rein weibliche Tätigkeit definiert. Sie soll die „Ergänzung zur Medizin“ sein, indem Wärterinnen „Hilfsdienste für den Arzt“ erbringen und den Kranken Mitmenschlichkeit und persönliche Anteilnahme entgegenbringen. Die Tätigkeiten im Wartdienst wurden nämlich mit der Hausarbeit verglichen. Sie seien am besten geeignet für die bürgerliche Frau, da sie wenig intellektuell war, aber dafür eine hohe Emotionalität besaß. Es gab von einzelnen Ärzten Bestrebungen die Ausbildung für die Krankenpflege zu forcieren und sie sogar an die Universitäten zu verlegen, doch es bestand die Sorge, dass sich die Pflege als Konkurrenz zur Medizin entwickeln könnte. Zudem passte es nicht in das Bild einer patriarchalischen Gesellschaft, Frauen ein Studium zu ermöglichen (Messner, 2017).


Dieser kleine Einblick vermittelt kurz und knapp, warum die Krankenpflege im Gegensatz zur Medizin keinen Aufschwung erlebt hat; warum Pflegepersonen gesellschaftlich heute noch zum Teil als die „Assistentinnen und Assistenten der Ärztinnen und Ärzte“ gesehen werden.

Keine AssistentInnen!

Doch die Gesundheits- und Krankenpflege hat ihr eigenes Berufsbild. Sie definiert sich nicht über die Medizin. Denn Pflegepersonen haben ihre eigenen Kompetenzen und stehen täglich in Zusammenarbeit mit Medizinerinnen und Medizinern. Wie lässt sich gesetzlich argumentieren, dass die Pflege kein Hilfspersonal ist!?

Als Hilfspersonal werden im Ärztegesetz (Paragraph 49, Abs. 2) Personen bezeichnet, die nach seinen/ihren Anordnungen und unter seiner/ihrer ständiger Aufsicht handeln (ÄrzteG, 1998). Im Paragraph 15 des GuKGs hingegen führt der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege Tätigkeiten bei medizinischer Diagnostik und Therapie nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich durch. Daraus ergibt sich, dass keine Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten besteht (GuKG, 1997).

In diesem Zusammenhang muss auf PflegeassistentInnen eingegangen werden, die natürlich unter ärztlicher und pflegerischer Aufsicht medizinische Maßnahmen durchführen. Doch nach ihrem Berufsbild sind diese Maßnahmen festgelegt, wodurch die Aufsicht nicht in einer permanenten Anwesenheit des/der Arztes/Ärztin nötig ist. Ein entscheidender Faktor ist, dass der gehobene Dienst sich vergewissert, dass der/die Pflegeassistent/in die Maßnahme durchführen kann.

Persönliche Worte

Die Zusammenarbeit und das Miteinander mit Medizinerinnen und Medizinern ist sehr wichtig. Erstens führen wir medizinische Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich durch. Zweitens assistieren wir Ärztinnen und Ärzten in bestimmten Fachbereichen bei medizinischen Eingriffen, wie im OP – haben aber auch dort viel Eigenverantwortung und andere Aufgaben.

Ich habe in meiner Ausbildung und jetzt im Beruf schon einige Situationen erlebt, bei denen mir von Ärztinnen und Ärzten vermittelt wurde, dass mein Beruf nichts wert und ich ihre persönliche Assistenz sei – und das alles in einem Zeitraum von 2017 bis jetzt. Ich werde auf jeden Fall diese Erlebnisse mal schildern. Aus meiner subjektiven Erfahrung scheint es jetzt auch besser zu werden, allerdings glaube ich, dass es in der Praxis sehr unterschiedlich ist und nur darauf ankommt, wo man anfängt zu arbeiten. Die Pflege hat gesellschaftlich auf jeden Fall eine Aufwertung verdient und sie kann es selbst beeinflussen, indem sie argumentiert, warum sie kein Hilfspersonal ist.

Quellen:

Ärztegesetz (ÄrzteG) (1998). Ärztegesetz 1998. BGBl. I Nr. 169/1998 i. d. F. BGBl. I Nr. 50/2021 Verfügbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011138 [14.04.2021].

Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) (1997). Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997. BGBl. I Nr. 108/1997 i. d. F. BGBl. I Nr. 48/2021. Verfügbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011026 [14.04.21].

Messner, I. (2017). Geschichte der Pflege. (1. Aufl.). Wien: Facultas.

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This Post Has 2 Comments

  1. Mona

    Guter Artikel!! Nicht zu vergessen, dass der gehobene Dienst auch diagnostizieren darf – die Pflegediagnosen. Wird leider sehr sehr oft unterschätzt bzw vom eigenen Berufsstand nicht wertgeschätzt.

    1. AGKP

      Da gebe ich dir völlig recht. Ich habe ein vollkommen anderes Bild von der Pflegediagnostik vermittelt bekommen, als ich es in der Praxis dann kennengelernt habe. Das möchte ich später auch näher beleuchten, weil das auch sehr spannend ist. 😀

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