#wordingmatters

Im Sommer war ich mit einer Freundin im Lokal etwas trinken. Da wir beide Pflegepersonen sind, haben wir viel über unsere Arbeit in der Pflege gesprochen. Dabei kamen wir auf das Thema Sprache und Wortwahl, die intern innerhalb der Berufsgruppe und zwischen den Berufsgruppen stattfinden.

Sprache schafft Realität

In der Pflege, so wie in jeglichen anderen Berufen, ist die Kommunikation das Um und Auf. Daher finde ich die Wortwahl in der Sprache unglaublich wichtig. So kannst du den gleichen Satz mit zwei verschiedenen Wörtern formulieren. Die Bedeutung des Satzes ändert sich dadurch nicht, aber sehr wohl, wie ich diesen Satz wahrnehme.

Beispiel

Bei der Dienstübergabe um sieben Uhr morgens:

„Herr M. ist 73 Jahre alt […], war die ganze Nacht lang wach, hat mehrmals in die Windel gemacht, …“.

„Herr M. ist 73 Jahre alt […], war die ganze Nacht lang wach, war mehrmals inkontinent, er trägt ein Kontinenzprodukt …“.

Wie nehme ich diese Sätze wahr!?

Beide Sätze sagen aus, dass Herr M. eine Harninkontinenz hat und ein entsprechendes Produkt dazu trägt…. Doch das Wort „Windel“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch für Säuglinge/Kleinkinder verwendet. Dadurch wird die Wahrnehmung beziehungsweise Verbindung zwischen einem älteren Menschen und einem Säugling/Kleinkind geschaffen, es findet eine Gleichsetzung statt.

Was ist daran so problematisch!?

Mit der Gleichsetzung, die hier hervorgerufen wird, spreche ich Herrn M. seine Identität als erwachsenen Menschen mit viel Lebenserfahrung ab. Das Wort „Windel“ im Zusammenhang mit einem inkontinenten erwachsenen Menschen zu verwenden, zeugt von einer (evtl. unbeabsichtigten) Geringschätzung dieser Person, deren Intimsphäre durch die Inkontinenz und ein eventuelles Selbstversorgungsdefizit vermindert ist. Die Gesundheit und Lebensqualität eines/r Klienten/in zu wahren ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch zu verstehen. Die Sprache hat dabei einen entscheidenden Faktor.

Ich kann mit meiner Wortwahl Menschen verletzen und sie bloßstellen. Oder ich kann mit meiner Wortwahl Menschen Respekt, Wertschätzung und Akzeptanz entgegenbringen.

Persönliche Worte

Eine Windel für Säuglinge/Kleinkinder und ein Kontinenzprodukt für Erwachsene erfüllen den gleichen Zweck und haben die gleiche Funktionsweise. Trotzdem darf das Wort Windel nicht für Erwachsene verwendet werden. Denn ich möchte nicht den Zweck des Produktes in meiner Sprache widerspiegeln, sondern den erwachsenen Menschen als erwachsenen Menschen behandeln und dafür brauche ich ein anderes Wort. Hier geht es nicht um das Schönreden einer Tatsache, sondern mit der Wortwahl Menschen so zu akzeptieren wie sie sind und ihnen den Respekt und die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdient haben! Eine respektvolle Wortwahl zu wählen gilt für jede menschliche Begegnung. Das gelingt durch die Sprache, dazu ist sie da. #wordingmatters

Eure AGKP

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